In eigener Sache

Aus Sokradia
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IN EIGENER SACHE!

Ein knappes Jahr ist vergangen, seit der letzte Beitrag unter dieser Überschrift erschien. Was das große, wichtige Ereignis dieses Jahres hatte werden sollen, wurde es nicht. Es landete an zweiter Stelle. Statt eines fröhlichen, freudigen Höhepunkts erlebten wir einen traurigen, tragischen Tiefpunkt, der sich mühelos auf Platz eins katapultiert hat. Karl-Herbert Scheer hat uns für immer verlassen. Einer der beiden großen alten Männer der Perry Rhodan-Serie ist tot. Dabei gereicht es niemand zum Trost festzustellen, dass er so alt gar nicht war. Er hätte gut und gerne noch weitere zwanzig Jahre bei uns bleiben können. Ich kann's noch nicht fassen. Ich meine; er müsste immer noch mit uns. anderen Autoren während einer Besprechung am Tisch sitzen und mit leicht abfälligem Lächeln erklären: »Für Clifton Callamon wäre das überhaupt kein Problem. Mit seinem Hypersex-Interbums-Heptadimtoser hätte der ja im Handumdrehen aufgeräumt.« Du wirst uns fehlen, Herbert, den Lesern ebenso wie den Autoren. Es gibt keinen unter uns letzteren, der Stories der Art schreiben könnte, wie sie für dich charakteristisch war.

Also gut, zum zweitwichtigsten Ereignis des Jahres. Mir hat's auf dem Karlsruher Perry Rhodan-Weltcon prächtig gefallen, und ich habe eine Menge Spaß gehabt. Wir waren diesmal wesentlich deutlicher auf den Erben und sein Universum als auf Show orientiert. Das hat der Sache gutgetan. Zu bemängeln habe ich eigentlich nur Dinge von untergeordneter Bedeutung. Man hätte unseren japanischen Freunden Mikrophon und Lautsprecher zur Verfügung stellen sollen - oder sie hätten die Möglichkeit haben müssen, sich selbst solches zu besorgen. In der japanischen Darbietung war nur selten ein Japaner, dafür alle 30 Sekunden ein Deutscher mit dem aufmunternden Zuruf »Etwas lauter, bitte!„ zu hören. Ansonsten war ich, wie schon in Mannheim, Frankfurt und Saarbrücken, beeindruckt von der Ruhe und Gelassenheit, von der - ich übertreibe nicht! - Würde, mit der eine so große Menge zumeist junger Menschen den Weltcon bestritt. Es gab kein Gerangel, kein Gezänk, keine Randaliererei. Ihr seid in der Tat das phantastischste Publikum, das das der Veranstalter einer Convention sich wünschen kann.

Ich persönlich machte während der zweiten Hälfte des Linguiden-Zyklus eine bittere Erfahrung, Meine Mitarbeit in der Expose-Fabrik wurde beendet. Die Kommunikation war, bei standig Sinkenden Leistungen der beiden Postsysteme, zu schwierig geworden. Wer 8000 km weit von der Szene wegzieht, geht ein solches Risiko ein. Ich betrachtete meine neue Situation mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Letzteres; weil ich nun nicht mehr maßgeblich an der Detailgestaltung der Perry Rhodan-Serie mitarbeiten konnte, ersteres, weil ich hoffte, von nun an freier, lockerer und häufiger Romane schreiben zu können. Zu meinem tiefen Gram muss ich gestehen, dass sich diese Hoffnung erst jetzt, ein Dreivierteljahr später, allmählich zu verwirklichen beginnt.

Zwei Monate vor dem Perry Rhodan-Weltcon fand die diesjährige Autorenkonferenz statt, zum ersten mal in der Geschichte der 8erie im schönen Straubing an der Donau. Die Konferenz war eine lustige, harmonische Angelegenheit (Autorenbesprechungen müssen durchaus nicht immer so sein). Wir waren in einem Hotel ·untergebracht, das im Industrieviertel liegt. Es kann sein, dass wir wieder mal eine Konferenz in Straubing veranstalten, aber wahrscheinlich nicht in diesem Hotel. Der Service war umständlich, teilweise auch ab 23 Uhr gar nicht mehr vorhanden und dilettantisch - gerade so, als wäre das Personal einschließlich des Managements noch bis vorgestern Schuhverkäufer, im Zeitschriftenvertrieb oder bei der Bundespost beschäftigt gewesen und erst gestern ins Hotelfach übergewechselt.

Der Halbzyklus 1550 bis 1599 bescherte uns eine Menge Verrückte. Erstens die Nakken, die für unsere Begriffe von Natur aus verrückt sind; zweitens ES, das allerdings schon früher den Verstand verloren hatte, jedoch auch im Perry Rhodan Jahr 1550/99 keine Anstalten machte, ihn zurückzugewinnen. Drittens die Zellaktivatortragenden Friedensstifter der Linguiden, die wegen ihres Kima mit den Aktivatoren nicht zurechtkamen und durchdrehten.

Die frappierendste Idee in diesem Halbzyklus war die mit dem Ast, an den die Tefroder und die Arkoniden sich klammerten, nachdem sie durch ein Loch im Universum in den Hyperraum gerissen worden waren. Aus dem Ast wurden später die Kima-Sträucher gezüchtet. Mit so einem Konzept hätte ich mich niemals daherzukommen getraut. Ernst tat's doch und ich meine, es ist ihm ein guter Wurf gelungen. Der Gedanke ist faszinierend.

Der Roman, der mir am besten gefiel, ist Band 1557, DIE BIONTEN VON DRUMBAR, von Robert Feldhoff. Wenn ich an Vorsteher Faragit denke, kommen mir heute noch die Tränen. Das ist aufrichtig gemeint. Ich habe selten eine feinfühligere, eindringlichere Story gelesen als diese.

Im Weltcon-Prospekt wird Clark Darlton mit den Worten zitiert: »An meine Haut lasse ich nur Wasser und CD.cc (Oder so ähnlich.) Das macht mir Sorge. Ich komme von weit draußen. Niemand kann von mir verlangen, dass ich weiß, wer oder was CD ist. Manchmal fahre ich mitten in der Nacht schreiend aus einem Alptraum in die Höhe und rufe voller Verzweiflung in die Dunkelheit: »Mein Gott, es wird doch nicht Carl Dall sein?<< Oder schreibt der sich etwa mit K?

So, jetzt habt Ihr wieder ein knappes Jahr Ruhe vor meinem Geschwafel "in eigener Sache„. In der Zwischenzeit wünsche ich Euch viel Lesevergnügen beim neuen Zyklus, der mit viel Sorgfalt und Engagement konzipiert wurde.

Quelle

Wenn die Sterne erlöschen