Sternbild
Unter Sternbild wird in der heutigen Astronomie eine Region des Sternenhimmels verstanden, die in Bezug auf einen Sternenzug freiäugig sichtbarer heller Sterne von anderen Himmelsregionen abgegrenzt ist (Mustererkennung). Für den Anblick des Himmels von der Erde aus wurden so in der sphärischen Astronomie Anfang des 20. Jahrhunderts mit internationaler Übereinkunft die Grenzen von 88 Sternbildern festgelegt, mit denen die Fläche der Himmelskugel restlos aufgeteilt ist, um Himmelskörper leicht zuordnen zu können.
Mit freiem Auge, ohne Hilfsmittel, sind am Sternenhimmel bis auf einige wenige Ausnahmen – wie den Andromedanebel – nur Sterne zu sehen, die unserer Galaxie, der Milchstraße, angehören. Helle Sterne wurden schon in der Jungsteinzeit zur visuellen Orientierung genutzt, zu Sterngruppen zusammengefasst und als Figuren gesehen, im frühen Altertum mythologisch gedeutet und seit der Antike mythischen Gestalten, Tieren oder Gegenständen zugeordnet. Ein bekanntes Beispiel ist der sogenannte Große Bär (Ursa maior) beziehungsweise ein Teil dessen als Großer Wagen, dessen zwei Kastensterne die Richtung zum Polarstern zeigen.
Die Sterne eines solchen Sternzuges oder eines Sternbildes haben von der Erde aus betrachtet untereinander relativ geringe Winkelabstände und liegen daher im Sinne der Himmelskoordinaten sphärischer Astronomie relativ nahe beieinander. Diese Nachbarschaft ist jedoch nur eine scheinbare. Durch Messung ihrer Parallaxe lässt sich für einzelne Sterne die Entfernung vom Sonnensystem bestimmen, sie kann bei den Sternen eines Sternbildes um ein Vielfaches differieren (siehe etwa Sternenliste des
Orion). So können Sterne zu anderen Sternen desselben Sternbildes einen größeren Abstand haben als den zur Sonne. Andererseits können zwei Sterne verschiedener Sternbilder tatsächlich in kleinerer Distanz zueinanderstehen als scheinbar eng benachbarte Sterne des gleichen Sternbildes.
Sternbilder waren in vielen Kulturen ein wichtiges Mittel zur Orientierung und insbesondere für die Seefahrt von Bedeutung. Heute dienen sie klar definiert der Kartierung des Himmels wie der örtlichen Zuordnung von Objekten. Die Internationale Astronomische Union (IAU) hat die Sternbildgrenzen nach Himmelskoordinaten festgelegt und verwendet sie u. a. zur genäherten Ortsangabe veränderlicher Himmelsobjekte wie
Meteore oder
Novae. Sternenzüge werden auch als Konstellation, nicht präzise definierte
Sternkonstellationen als Asterismus bezeichnet. Dieser Begriff umfasst auch die historischen Sternbilder der westlichen
Astronomiegeschichte und die Konstellationen anderer Kulturen.
Sternbilder lassen sich in fast allen Kulturen feststellen und bis in die frühen Hochkulturen zurückverfolgen. Dabei spielen menschenähnliche Figuren (etwa Orion), Drei- bis Sechsecke und längere
Sternreihen (wie Andromeda,
Fünfsternreihe, Wasserschlange) bzw. Sternzüge (Drache, Schlange, Eridanus) eine besondere Rolle. Die heutigen Sternbilder gehen zurück auf zwölf babylonische sowie
altägyptische Tierkreiszeichen, die im
antiken Griechenland auf 48 erweitert wurden. Zwischen 1600 und 1800 wurden noch weitere eingeführt. Seit 1922 werden international anerkannt 88 Sternbilder verwendet, deren Grenzlinien nach Vorarbeit von
Eugène Delporte 1928 von der IAU offiziell definiert wurden.[1][2]
Die Astrognosie ist das Fachgebiet der Astronomie, das sich mit Sternbildern und Sternenzügen befasst. Die Namen der Sternbilder sind für die systematische Benennung von Sternen mit griechischen Buchstaben (Alpha,
Beta,
Gamma,
…) und lateinischer Bezeichnung des Sternbilds von Bedeutung, z. B.
α-Centauri.
Begriffsabgrenzung Sternbild – Asterismus
Als Asterismus (von lateinisch astrum aus
griechisch astron „Sternbild, Gestirn, Stern“) wird in der
Astronomie eine Gruppe von (meist hellen) Sternen bezeichnet, die – mit gedachten Verbindungslinien („
Sternzügen“) verknüpft – eine auffällige Form oder Figur am Himmel bildet. Ein Asterismus kann Teil eines Sternbildes sein und aus benachbarten Sternen bestehen (Beispiele hierfür sind der „Große Wagen“ als Teil des Sternbilds
Großer Bär oder der „Gürtel“ des Orion); er kann aber auch auffallende Sterne unterschiedlicher Sternbilder einbeziehen, wie etwa das
Sommerdreieck oder das
Wintersechseck, deren Sterne sich über einen großen Teil des Himmels verteilen.[3] Charakteristisch für einen Asterismus ist seine Auffälligkeit, daher sind lichtschwache, unauffällige Sternbilder keine Asterismen. Gelegentlich werden jedoch auch
historische Sternbilder, die früher in Sternkarten verzeichnet waren, wie z. B. das Sternbild „
Schiff Argo“, als Asterismen bezeichnet.[4]
Daneben gibt es in den Kartiersystemen anderer Kulturen, etwa in der alten indischen oder chinesischen Astronomie oder der der Mayas, Sternbilder, in welchen ganz andere Figuren erkannt werden.
Bedeutung der Sternbilder
Sternbilder stellen sich nur subjektiv für den Beobachter dar. Wie bereits im zweiten Absatz beschrieben wurde, sind die Sterne der meisten Sternbilder weit voneinander entfernt. Der Eindruck, dass die Sterne eines Sternbilds am Himmel nahe beieinander liegen, beruht auf dem Projektionseffekt.
Die zwölf Tierkreiszeichen, die auf die babylonischen Sternbilder der
Ekliptik zurückgehen, bilden eine der Grundlagen der
Astrologie. Da sich die Sternbilder durch die
Präzession gegen die Tierkreiszeichen seither um etwa 30 Grad verschoben haben, stimmen sie jedoch nicht mehr überein und die westliche Astrologie lehnt die auf tatsächliche Sternbilder bezogene Deutung (siderische Astrologie) im Allgemeinen ab (
Zodiak).
Sternbilder und Asterismen tauchen auch in griechischen Lehrgedichten zum Jahreslauf und Ackerbau auf, wo sie zur Einteilung der Jahreszeiten benutzt werden.
In der Astronomie wurden Sternbilder in
Sternkatalogen bereits ab der Antike zur
Positionsangabe benutzt. Noch um 1800 teilen Sternkataloge die Himmelsobjekte in die Sternbilder ein, bald danach geht man aber zu einer reinen Positionsangabe mit
Rektaszension und
Deklination über. Aber die
astronomische Nomenklatur der sichtbaren Sterne im Bayer/Flamsteed-Code von 1603 und 1712 abseits ihrer
Trivialnamen beruht noch auf diesem System der Areale des
Sternhimmels, wie beispielsweise Alpha Centauri nach dem Sternbild des Zentauren.
Trotz der heute relativ geringen Bedeutung haben Sternbilder bis heute nichts von ihrer Faszination auf den Betrachter eines dunklen Sternenhimmels verloren und spielen für die Popularisierung der Astronomie eine wichtige Rolle. Die Didaktik der Astronomie nutzt sie – in Verbindung mit den dazugehörenden
Sternsagen – um Jugendliche für die „Sternenkunde“ zu begeistern und anhand der historischen Entwicklungen an die moderne Astronomie heranzuführen.
Ursprung der Sternbilder
Sternbilder gab es vermutlich bereits in prähistorischer Zeit. Von den meisten Kulturen, die noch in einem vor-eisenzeitlichen und schriftlosen Stadium anthropologisch untersucht werden konnten, sind jedenfalls Sternbilder bekannt, wie etwa Sternbilder der Nordamerikanischen Indianer, der Aborigines und der
San im südlichen Afrika. Wie weit erste Sternbilder in die europäische Frühgeschichte zurückreichen, ist unbekannt,
aber es ist möglich, dass bereits im Stiersaal der
Höhle von Lascaux ein kompletter
Tierkreis abgebildet wird. Die Identifikation einer Gruppe von Punkten oberhalb des
Auerochsen als die
Plejaden scheint wahrscheinlich, da sowohl die Position relativ zum Auerochsen (
Stier) als auch die relativen Positionen der sechs Punkte zueinander derjenigen der Plejaden entspricht. Das erfordert jedoch die
implizite Annahme, im Auerochsen ein Sternbild zu identifizieren. In ägyptischen Grabanlagen gibt es ebenfalls vereinzelt Sternbilddarstellungen, etwa im
Grab Sethos I. Die im
Tempel von Dendera im ersten vorchristlichen Jahrhundert dargestellten Bilder zeigen die ägyptischen bereits zusammen mit dem Tierkreis der Babylonier.
Sternbilder des Altertums
Die ersten gesicherten der heutigen Sternbilder, besonders die auch in der Astrologie benutzten Tierkreiszeichen, gehen auf die
Altägypter und
Babylonier zurück. Die ersten dieser Sternbilder des Tierkreises tauchen bereits im dritten Jahrtausend v. Chr. auf. Ein erster vollständiger Tierkreis entstand um 410 v. Chr. Die heutigen Tierkreiszeichen stimmten vor etwa 2100 Jahren mit den entsprechenden Sternbildern ungefähr überein, haben sich aber im Zuge der
Präzession gegen diese verschoben. Von einem dreizehnten Sternbild, das von der
Ekliptik geschnitten wird,
Schlangenträger, ragt nur ein Fuß über die Ekliptik.
Mit seinen Katasterismen beschrieb
Eratosthenes die ursächliche Entstehung von 44 Sternbildern, einige Jahrhunderte später beschrieb
Ptolemäus 48 Sternbilder. Die Sternbilder sind hauptsächlich nach Gestalten, Personen sowie Objekten aus der
griechischen Mythologie benannt. Beide stehen damit in einer literarischen Tradition, die hauptsächlich durch die Lehrgedichte Phainomena (Himmelserscheinungen) des
Aratos von Soloi und dem Poeticon Astronomicon von
Hyginus bis ins Mittelalter überliefert wurde. Der ptolemäische Sternkatalog des
Almagest, in dem die zu den Bildern gehörigen Sterne aufgeführt sind, ist zunächst nur in der arabischen Welt bekannt und wird dann seit dem 12. Jahrhundert durch Übersetzungen aus dem Griechischen und Arabischen auch in der lateinischen Welt verbreitet. Auf arabische Gelehrte gehen viele der heute benutzten
Sternnamen zurück, aber keine neuen Sternbilder. Diese übernahm die islamische Welt aus der Antike, ältere präislamische Sternbilder verschwinden und sind nur teilweise bildhaft überliefert, zum Beispiel stellt
al-Sufi die Cassiopeia zusammen mit dem Beduinensternbild Kamel dar.
Das heutige Sternbild Haar der Berenike war in der Antike als
Asterismus bekannt, galt aber nicht als eigenes Sternbild, sondern als Teil des
Löwen. Der von
Augustus an den Himmel gesetzte „Thron des
Cäsar“ wurde nach der Antike nicht mehr benutzt. Das althergebrachte Sternbild
Antinous dagegen, das der römische Kaiser
Hadrian zu Ehren seines im Nil verunglückten Favoriten eingeführt hatte (der Legende nach opfert sich Antinous, um das Leben Hadrians zu verlängern), galt zunächst als Asterismus und Teil des
Adlers und wurde erst in der Neuzeit als eigenes Sternbild geführt. Es wird heute allerdings nicht mehr benutzt. Da Antinous in den Klauen des Adlers dargestellt wurde, wurde das Sternbild auch gelegentlich als
Ganymed gesehen, zu dessen Mythos eine solche Darstellung passt.
Neuzeitliche Erweiterungen
Weitere Sternbilder wurden in der Neuzeit dann zunächst am Südhimmel eingeführt, der Europäern in der Antike unbekannt gewesen war.
Johann Bayer übernahm in der
Uranometria von 1603 einige Sternbilder von
Petrus Plancius’
Himmelsgloben, der sie wiederum nach Beschreibungen der niederländischen Seenavigatoren
Pieter Dirkszoon Keyser und
Frederick de Houtman als erster auf seinen Himmelsgloben darstellte. Oft wird dennoch Bayer als derjenige, der diese Sternbilder einführte, genannt, vermutlich weil seine Uranometria eine ungleich größere Verbreitung hatte. Bayer übernimmt jedoch nur dreizehn von Plancius Sternbildern, das Kreuz lässt er aus. Die heute bekannten Sternbilder
Giraffe und
Einhorn wurden erst 1612 (ebenfalls von Plancius) veröffentlicht.
Diese drei Sternbilder tauchen, zusammen mit anderen von Plancius, die heute nicht mehr benutzt werden, zunächst bei Jakob Bartsch 1624 auf, einige davon übernimmt schließlich
Johannes Hevelius in seinem 1687 erschienenen Atlas Firmamentum Sobiescianium, der noch weitere Bilder festlegt. In Unkenntnis von Plancius’ Werk werden Giraffe, Kreuz und Einhorn auch gelegentlich Hevelius, Bartsch oder dem ansonsten wenig bekannten Astronomen
Augustin Royer zugeschrieben. Hevelius widmete seinen Sternatlas seinem König,
Jan III. Sobieski und platzierte dazu den Wappenschild dessen Hauses als Sternbild
Schild an den Sommerhimmel. Das
Frontispiz zeigt Hevelius mit dem neuen Sternbild, vor der Muse Urania im Kreis berühmter Astronomen.
Nicolas Louis de Lacaille erweiterte um 1750 nach einer Beobachtungsreise zum
Kap der Guten Hoffnung in Südafrika die Sternbilder des Südhimmels um meist thematische Sternbilder, die den technischen Fortschritt symbolisieren sollten, etwa der
Chemische Ofen oder die
Luftpumpe. Neben zwölf neuen Sternbildern geht auf ihn auch die Aufteilung des „Schiffes Argo“ in
Segel des Schiffs (Vela),
Achterdeck (Puppis) und
Kiel (Carina) zurück. In diesem Gebiet des Himmels führte Lacaille auch ein weiteres nautisches Sternbild ein, den
Kompass.
Nicht mehr benutzte Sternbilder
Julius Schiller versuchte 1627 durch Herausgabe eines christianisierten Sternatlas, des
Coelum Stellatum Christianum, die heidnischen Sternbilder durch Figuren der Bibel und Heilige zu ersetzen, wobei er auf Bayers Katalogkoordinaten zurückgriff und diese, in Zusammenarbeit mit Bayer, verbesserte und erweiterte. Aus den Tierkreisbildern wurden zum Beispiel die
Apostel. Der Versuch fand keinen großen Anklang, aber die Schiller’schen Konstellationen wurden immerhin von
Andreas Cellarius in dessen künstlerischen Meisterwerk
Harmonia Macrocosmica auf zwei Platten abgebildet, zusammen freilich mit den herkömmlichen Sternbildern auf weiteren Platten.[5] Die einzig originär christlichen Sternbilder, das Kreuz und das Einhorn, hatte Bayer, auf den Schiller sich bezog, bei der Adaption von Plancius weggelassen. Einen weniger radikalen Versuch der Christianisierung unternahm
Jakob Bartsch, der 1624 in seinem Buch Usus Astronomicus biblische Bezüge der bestehenden Sternbilder herstellt.
Dem Beispiel Hevelius’ mit dem Schild folgten in den nächsten 150 Jahren zahlreiche Hofastronomen und setzten Insignien ihrer jeweiligen Herrschaft an den Himmel. Zu den bekannteren und zumindest zeitweise in Himmelsatlanten erschienenen Sternbildern zählen das Brandenburgische Szepter oder der
Königliche Stier von Poniatowski, andere sind dagegen, außer in den originalen Widmungsdokumenten, nie in einer Sternkarte erschienen und dienten hauptsächlich der Karriereförderung des jeweiligen Hofastronomen. Das
Sternbild Schild selbst ist das einzige dieser politischen Bilder das heute noch anerkannt wird.
1754 schlug John Hill, vermutlich in satirischer Absicht angesichts der zahlreichen zeitgenössischen Erweiterungen, 13 weitere Sternbilder vor, die nach dem Zeitempfinden niederen Kreaturen gewidmet waren, zum Beispiel die Kröte, den Erdwurm, oder die Spinne. Der Scherz blieb in der Fachwelt allerdings unbeachtet. 1789, nach der Entdeckung des Uranus setzte
Maximilian Hell dem Entdecker ein Denkmal, indem er gleich zwei neue Sternbilder, das
große und kleine Teleskop Herschels einführte, wovon allerdings nur das große, zwischen
Zwillingen und
Auriga, länger auf den Sternkarten zu finden war. Sternbilder wurden mitunter auch ohne politische, wissenschaftliche oder überhaupt besondere Motivation eingeführt. So begründete
Jérôme de Lalande das 1799 von ihm eingeführte Sternbild
Felis mit „ich liebe diese Tiere sehr [...] Der Sternenhimmel hat mir genug Arbeit beschert, jetzt kann ich auch einen Scherz damit haben.“ Er hatte aber wohl als Hintergedanken, damit
Voltaire zu widerlegen, der keine Katzen mochte und zu Lebzeiten gelästert hatte, dass die Katze keines der vielen Tiersternbilder sei.
Da seit der Erfindung des Teleskops immer mehr Sterne und Nebel gefunden und katalogisiert wurden, brauchte man diese neuen Sternbilder, um die Übersicht zu bewahren, besonders auch, da die antiken Sternbilder Teile des Himmels, die dem bloßen Auge unspektakulär (aber nicht sternlos) erscheinen, schlicht auslassen. Die Anzahl der bekannten Objekte nahm aber so sehr zu, dass sich allzu viele dieser Erweiterungen als unpraktisch erwiesen und so verschwanden die späteren wieder. Ein erster Schritt zur Vereinheitlichung und allgemeinen Anerkennung der Sternbilder wurde auf dem
ersten europäischen Astronomenkongress 1798 unternommen, bei dem zahlreiche der in den Jahren zuvor vorgeschlagenen Sternbilder verworfen, andere neu vorgeschlagen wurden. In einem Sternatlas von 1801 von
Johann Elert Bode, der an dem Kongress teilgenommen hatte, sind immerhin noch insgesamt 99 Sternbilder eingetragen, wie etwa der „Heißluftballon“, die „Buchdruckerwerkstatt“, die „
nördliche Fliege“ oder auch die „
Katze“.
Selbst nach der Festlegung der Sternbilder 1928 gab es gelegentlich Vorschläge zur Umbenennung von Sternen und Sternbildern. Am bekanntesten ist wohl das 1944 in Großbritannien erschienene Buch „A better sky“ von Alan Patrick Herbert, in dem dieser die Neubenennung der Konstellationen und von fast 300 Sternen zu zeitgemäßeren Namen vorschlägt, da diese den Menschen eingängiger seien. Aus Orion sollte zum Beispiel „The Sailor“ werden und dessen Sterne nach Seefahrern wie
James Cook umbenannt werden. Fünf Sterne in dem zu „The Tyrants“ umbenannten
Draco sollten die Namen von
Attila,
Hitler,
Mussolini,
Robespierre und
Kublai Khan tragen.[6]
- Siehe auch:
Historische Sternbilder
Heutige Sternbilder
1922 wurde von Henry Norris Russell eine Liste von dreibuchstabigen Abkürzungen für 89 Sternbilder vorgeschlagen, wobei sowohl das „Schiff Argo“ als auch seine Teile aufgeführt waren. Die Gründe Russells für seine Auswahl sind nicht überliefert, aber er beschränkte sich wohl auf die Bilder, von denen Sternnamen im
Harvard Revised Catalogue, einem damaligen Standardwerk, aufgeführt waren. Auf der ersten Generalversammlung der
Internationalen Astronomischen Union (IAU) in Rom schlug Russell die Liste anderen Astronomen vor, die sie positiv aufnahmen und sie wurde zunehmend gebräuchlich. Unabhängig davon vorgeschlagene zwei- und vierbuchstabige Abkürzungen setzten sich dagegen nicht durch. Die Sternbilder werden auch heute noch durch die drei von Russell vorgeschlagenen Buchstaben abgekürzt, z. B. bei der Bezeichnung von Sternen: Der Hauptstern im Schwan (Cygnus), α Cygni ist abgekürzt α Cyg.
Festlegung der Grenzen
Auf der ersten Generalversammlung 1922 wurde die Anzahl der Sternbilder zugleich auf 88 festgelegt. Auf der zweiten im Jahr 1925 in Cambridge wurde der belgische Astronom
Eugène Delporte damit beauftragt, die exakten Grenzen dieser Sternbilder festzulegen, um jede Himmelskoordinate eindeutig einem Sternbild zuordnen zu können.
Delporte definierte die Grenzen nach den Koordinatenkreisen der
Epoche vom 1. Januar 1875. Benachbarte Punkte der dabei entstehenden Linienzüge hatten also entweder gleiche Deklination oder gleiche Rektaszension. Dazu konnte er an die Vorarbeit von
Benjamin Gould anknüpfen, der nach seiner Durchmusterung des Südhimmels in seinem Werk Uranometria Argentina die Sternbilder rund um den Himmelssüdpol schon nach den Koordinaten von 1875 abgesteckt hatte. Auf der dritten Generalversammlung 1928 in
Leiden wurden die genauen Grenzen von der IAU genehmigt und endgültig festgelegt. Die Arbeit von Delporte ging 1930 in Druck (siehe Literatur). Damit sich die Zuordnung von Objekten zu den Sternbildern nicht aufgrund der
Präzession ändert, müssen die Koordinaten der Grenzen für jede Epoche berechnet werden und verlaufen auch nicht mehr exakt auf Koordinatenkreisen. Dadurch müssen zwischen den Ecken liegende Grenzpunkte heute interpoliert werden.
Änderungen
Das riesige Sternbild Schiff Argo, benannt nach dem Schiff der Argonautensage, wurde durch die verbindliche Grenzziehung endgültig in Vela (das Segel), Puppis (das Achterdeck) und Carina (den Kiel) aufgeteilt und von der Sternbildliste gestrichen. Diese drei Sternbilder haben daher nur einen einzigen Satz Bayer’scher Sternbezeichnungen: Es gibt zum Beispiel zwar α Car, nämlich
Kanopus, aber kein α Pup oder α Vel. In ähnlicher Weise springen die griechischen Buchstaben auch zwischen den beiden nicht zusammenhängenden Teilen von Serpens (Serpentis caput und Serpentis cauda) hin und her. Die Sterne γ Aur und δ Peg existieren überhaupt nicht bzw. heißen jetzt β Tau und α And. Früher trugen sie beide Bezeichnungen nebeneinander, was jedoch heute im Sinne der Eindeutigkeit nicht mehr statthaft ist.
Geometrische Eigenschaften
Eine einfache geometrische Figur der Sternbildgrenzen wie ein ( sphärisches)
Viereck kommt fast nur im Süden vor und hier neunmal, während ein zehntes auf dem Äquator liegt (Sternbild
Sextans). Die meisten der abgrenzenden
Polygonzüge haben eine deutlich höhere Zahl an Ecken und an Seiten. Das Extrem stellt ein für die Abgrenzung des Sternbilds
Draco (Drache) festgelegtes Vieleck dar mit nicht weniger als 50 Ecken beziehungsweise Seiten. Die größte Fläche eines sphärischen Polygons hat das Sternbild
Hydra mit 1302,84
Quadratgrad, gefolgt von
Virgo,
Ursa Maior,
Cetus und
Hercules (alle über 1200 Quadratgrad). Das größte südliche Sternbild ist
Centaurus, gefolgt von
Sagittarius und
Puppis. Bezogen auf die Gesamtheit aller 88 Sternbilder liegt
Phönix (469,32 Quadratgrad) am nächsten an der durchschnittlichen Fläche von 468,8 Quadratgrad (der volle
Raumwinkel der
Himmelskugel umfasst knapp 41.253 Quadratgrad). Am kleinsten ist
Crux (68,45 Quadratgrad) und danach
Equuleus (71,64 Quadratgrad). Die Größenextreme von Crux und Hydra spiegeln sich auch wider in der je extremalen Anzahl von Nachbarn. Crux hat nur 2, Hydra hingegen 12 echte und einen unechten Nachbarn, der allein in einem Punkt berührt wird. Solche unechten Berührungspunkte gibt es insgesamt nur 4, davon einen am
Nordhimmel (nahe
α Lyncis).
Früher wurden die Sternbilder nach ihrem Bezug zur Ekliptik eingeteilt, es gab also die Ekliptiksternbilder und die Sternbilder nördlich der Ekliptik sowie die südlichen Sternbilder. Diese Einteilung findet man noch bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts. Sie war zunächst durch die Tradition bestimmt, später durch die Notwendigkeit, den Bereich längs der Ekliptik zur
Asteroidensuche gesondert und gründlich zu katalogisieren. Mittlerweile ist diese Gliederung nicht mehr in Gebrauch und als Nordsternbilder werden heute diejenigen nördlich des
Himmelsäquators bezeichnet.
- Siehe auch:Liste der Sternbilder
Asterismen und Sternbilder anderer Kulturen
Alle Kulturen kennen Asterismen. Der bekannteste Asterismus der westlichen Welt ist der große Wagen, dessen Sterne einen Teil des Großen Bären ausmachen. In einigen westlichen Kulturen wird die gleiche Konstellation anders benannt, zum Beispiel Big Dipper („großer Löffel“) in den USA. Bekannte Asterismen sind auch das
Sommerdreieck und das
Wintersechseck. Der weltweit und seit Jahrtausenden bekannteste ist der Sternhaufen der
Pleiaden, dessen Verständnis als eigenständige Gruppe sich fast in jeder Kultur nachweisen lässt. Asterismen können im Laufe der Zeit zu Sternbildern werden, wie etwa beim
Haar der Berenike geschehen.
Die alten Ägypter teilten den Himmel weniger nach Sternbildern ein, es sind nur wenige bekannt und diese stimmen nicht mit den modernen westlichen überein. In China folgte man einer anderen Tradition, die
chinesischen Sternenkonstellationen sind kleiner als die westlichen, alleine die Ekliptik wird von der chinesischen Tradition in 28 aufgeteilt, entsprechend der Strecke, die der Mond pro Tag zurücklegt. Ähnliche 28-segmentige Aufteilungen gibt es auch in Indien und im islamischen Raum, sie werden aber nicht mit figürlicher Darstellung wie die Sternbilder verbunden. Die Darstellung in chinesischen Sternkarten ist auch für die anderen dort bekannten Sternbilder nicht figürlich, sondern wie in den moderneren westlichen Sternkarten durch mit Linien verbundene Sterne. Neben astronomischen Sternkarten sind auch zur Seenavigation benutzte Sternkarten in dieser Tradition erhalten.
Bei den Azteken spielte das Sternbild des
Feuerbohrers eine große Rolle in einer alle 52 Jahre stattfindenden Erneuerungszeremonie. Welche Sterne dieses bildeten, ist heute umstritten. Nur wenige der aztekischen Sternbilder sind bekannt und nur ein paar davon können am Himmel lokalisiert werden.
Die prä-islamischen Beduinensternbilder Arabiens sind ebenfalls nur in Ausnahmefällen bekannt und am Himmel lokalisiert.
Schriftlose Kulturen
Die australischen Aborigines und die
San (Buschleute) im südlichen Afrika kennen außer den durch Sterne gebildeten Bildern noch weitere. Die dunklen Staubwolken vor dem Band der
Milchstraße werden von den Aborigines als
Emu, von den San als
Strauß erkannt, mit dem
Kohlensack als Kopf und den Staubbändern vor der Milchstraße im Schützen als Körper. Dies sind die größten „Stern“-Bilder am Himmel. Daneben kennen zumindest die Aborigines noch weitere Dunkelsternbilder.
Die pazifischen Völker haben nur wenige Sterne und Sternbilder benannt. Neben den Plejaden, deren Sichtbarkeit am östlichen Abendhimmel den Jahresanfang markiert, sind vor allem Dinge der alltäglichen Umwelt und Meeresbewohner als Sternbilder verewigt. Während einige Sternbilder deckungsgleich mit den westlichen sind, unterscheiden sich die Grenzen der meisten.
Die Bewohner der Insel Manus nördlich von
Papua-Neuguinea kennen auch heute noch unter anderem die folgenden Bilder: Die
Gürtelsterne des Orion gelten als Kanuinsassen, die
Südliche Krone als Netz, der
Fluss Eridanus als Fischnetz. Ein riesiges Sternbild ist der Vogel mit den Sternen
Sirius,
Canopus und
Prokyon. Zu den Meerestieren zählen die Krabbe (
Nördliche Krone) und als Fische der Hai (Teile des
Schützen und des
Skorpions), der Stachelrochen (der Teil des
Skorpions mit den Scheren) und weitere Fischarten, die zum Beispiel im
Delphin oder in einigen Sternen des
Zirkels gesehen werden. Mit den Sternbildern sind keine Sagen verbunden, sondern höchstens kurze Geschichten, die sich in wenige Worte fassen lassen. Besonders die Fischsternbilder spielen hierbei eine interessante Rolle. In der Hauptfangsaison steht keines davon am Himmel, sondern nur wenn sich das Fischen nicht lohnt. Die Sternbilder am Himmel symbolisieren so die Abwesenheit der Fische im Meer. Auch der Beginn des
Monsuns wird in Verbindung mit dem dann gerade aufgehenden Sternbild Vogel gebracht. Anders als andere Kulturen benutzten die Manus die Sternbilder nicht zur
Navigation, weil man nach ihrer Aussage „jeden Stern nehmen kann, denn sie bewegen sich alle gleich“.
Wikipedia-Quellen
- ↑ http://www.ianridpath.com/iaulist1.htm
- ↑ http://www.iau.org/public/constellations/
- ↑ Siehe Eintrag Asterism in COSMOS - The SAO Encyclopedia of Astronomy.
- ↑ Zur Unterscheidung zwischen Sternkonstellation und Asterismus siehe auch Z. Prnjat, M. Tadić: Asterism and constellation: Terminological dilemmas.
- ↑ Andreas Cellarius: Harmonia Macrocosmica Sev Atlas Universalis Et Novus. Totius Universi Creati Cosmographiam Generalem, Et Novam Exhibens. Amsterdam 1661, S. 161–168 (Coeli Stellati Christiani Hemisphaerium prius), S. 169–185 (Coeli Stellati Christiani Hemisphaerium posterius), Sternkarten zwischen S. 160/161, 168/169.
- ↑ Sternbilder und Sternzeichen im
Astrodicticum simplex von
Florian Freistetter auf
ScienceBlogs (inkl. Sternenkarte auf Seite 2)